Ein Backpiece/Rückentätowierung ist kein kleines Unterfangen und benötigt seine Zeit. Zeit, die der Kunde oder die Kundin und ich als Tätowierer gemeinsam verbringen und uns so auf einer ganz anderen Ebene kennenlernen. Zeit, die ich sehr schätze und nicht missen möchte.
Ein Rückentattoo erfordert Zeit, Geduld & Vertrauen
Während meiner langjährigen Arbeit als Tätowierer habe ich alle erdenklichen Körperstellen tätowiert und es gibt wohl keinen Ort eines Körpers, den ich noch nicht mit Farbe verziert habe. In den letzten Jahren jedoch hat sich nicht nur meine Art und Weise zu arbeiten verändert, mit ihr haben sich auch meine Kundinnen und Kunden bzw. ihre Anliegen gewandelt.
Immer öfter habe ich Kunden oder Kundinnen bei mir, die ich über eine längere Zeit hinweg begleiten darf, denn sie wünschen sich eine grosse Tätowierung – öfters auch ein Backpiece. Aufgrund der Grösse ergibt es sich automatisch, dass man mehr Zeit miteinander verbringt. Denn bereits die Vorbereitungs- und Besprechungsphase dauert oft länger. Bei so viel „Platz“ sind meist die Wünsche zum Motiv komplexer, tiefgehender und es sind dementsprechend mehr Details zu beachten. Oft ist diese Art der Tätowierung mit einer Art Lebensgeschichte zu vergleichen, in der mehrere Lebenserfahrungen, Emotionen, Geschichten und auch Glaubenssätze integriert werden wollen.
„Geschichten die verbinden – Wenn Tätowierer und Kunde eine Einheit werden.“
Wenn Tätowieren zu geteilten persönlichen Momenten wird
So erfahre ich als Tätowierer sehr viel Persönliches. Sei es, dass der Kunde oder die Kundinmir genauer erzählt, wie er/sie sich für das Motiv entschieden hat, was der Hintergrund dazu ist, wofür es steht oder warum ihr oder ihm genau dieses Motiv bzw. diese Motive so wichtig sind: Es sind immer individuelle, ganz persönliche Geschichten, die oft auch während des Stechens geteilt werden und ebenso oft während des gesamten Prozesses des Tätowierens verändert oder neu geschrieben werden.
Zeit dafür ist genug, denn ein Backpiece entsteht nicht in einer Session, oft braucht es viele Termine, bis es vollendet ist. Wer sich dafür entscheidet, beweist gleich auf mehrere Arten Rückgrat: Er oder sie ist bereit mehrere Stunden in die Entstehung zu investieren und auch die Geduld dafür aufzubringen. Gleichzeitig ist die Person entschlossen genug, sich für ein solch grosses Tattoo zu „verpflichten“, auch was die Prozedur des Stechens und die dabei mehr oder weniger entstehenden Schmerzen anbelangt.
„Tätowieren ist ein Weg, ein Entscheid, eine Verbindung mit sich und seiner Vergangenheit sowie ein Beginn für neue Erfahrungen!“
Sinnhaftigkeit als treibende Kraft
Was ich heute und je länger je mehr schätze, ist das grosse Vertrauen in mich und meine Arbeit. Ich freue mich diese Verantwortung zu spüren und übernehmen zu dürfen und bedanke mich an dieser Stelle herzlichst dafür.
Es ist mir immer wieder eine Ehre und Freude, dass diese Menschen bereit sind, sich auf die Zusammenarbeit mit mir einzulassen und intime, persönliche Momente und Gedanken mit mir zu teilen. Genau diese Begegnungen und Momente sind es, die für mich meinen Beruf ausmachen – genau um diese Momente sollte es meiner Meinung nach gehen. Denn eine Tätowierung ist grundsätzlich “schnell” gemacht, doch erst wenn man sich auf den Prozess einlässt, sich auch die Zeit dafür nimmt und das Tattoo bzw. das Motiv mit persönlichem Sinn erfüllt, entsteht ein Kunstwerk, das einen das gesamte Leben lang begleitet und mit Freude erfüllt.
Teil dieses Besinnens zu sein und Menschen auf diesem Weg zu begleiten, erfüllt auch mich immer wieder aufs Neue mit Sinn. All die Gedanken, Ansichten und Lebenserfahrungen zu hören, mich damit auseinanderzusetzen, um sie in Form von Bildern wiederzugeben und mich darüber auszutauschen, fördert für mich nicht nur die Inspiration und Kreativität, es bereichert auch immer wieder mein Denken und meine Sicht auf das Leben und die Welt. So freut es mich sehr, dass ich so wahrgenommen werde und so immer wieder Neues lernen darf.